[Buchrezension] "Drei Tage Manhattan - Begleitung gesucht" - Tasmina Perry
12:30Zusammenfassung:
"Ältere Dame sucht nette Begleitung für Manhattan-Abenteuer vom 23. bis
27. 12." Für Amy Parrett, die junge New-Yorkerin in London, kommt diese
Anzeige wie gerufen. Gerade hat ihr ehrgeiziger Freund Amy den Laufpass
gegeben, statt ihr wie erhofft auf dem Tower von London einen
Heiratsantrag zu machen. Die zweiundsiebzigjährige Georgia Hamilton ist
zwar das genaue Gegenteil von ihr – vornehm, kultiviert und very british
–, schließt die junge Amerikanerin aber sofort in ihr Herz. Als Georgia
im weihnachtlichen Manhattan von Amys gebrochenem Herzen erfährt,
beginnt sie ihre eigene Liebesgeschichte zu erzählen, eine tragische
Geschichte, die ins Jahr 1958 nach London und zu den prächtigen Bällen
der Debütantinnen führt. Und Amy begreift allmählich, dass sie es in der
Hand hat, eine tiefe Verletzung im Leben ihrer älteren Freundin zu
heilen.
»Interessantes Kleid. Ist es Absicht, dass es sich selbst zerstört?«
Ich
kann nicht genau sagen, was ich von diesem Buch erwartet habe, aber es
war definitiv nicht das, was schlussendlich rauskam. Noch während ich
den Klappentext las, habe ich gehofft, dass da vielleicht doch eine ganz
passable Geschichte entstehen würde. Dann begann ich zu lesen und es
wurde anscheinend doch nicht ganz so toll. Nicht bis zu dem Zeitpunkt,
als Amy auf Georgia trifft. Ab da hat sich alles verändert und ich
staune immer noch über so viel Tiefsinn für die Figuren, so viel Drama,
so viel Magisches, was Tasmina Perry da hinein gezaubert hat.
Zudem
finde ich es sehr schön, dass wir in der heutigen jungen Generation
sehr viel von diesem Buch lernen können. Es ist gut zu wissen, wie man
serviert. Das werde ich mir auf jeden Fall für meine Ferienjobs merken.
=)
»[…] Mein Name ist Edward Carlyle – wir sind uns nicht offiziell vorgestellt worden, daher weiß ich leider nicht, wie du heißt.«
»Georgia. Georgia Hamilton.«
Amy
wurde gerade erst verlassen. Das spielt sich eigentlich auch ganz
unspektakulär ab. Bis zu dem Moment, als sie dann endlich die
Entscheidung trifft, etwas zu wagen und sich bei Georgia meldet.
Gemeinsam fliegen die beiden nach New York und erleben dort drei
wunderbare Tage in Manhattan. Erst nach und nach erfährt man die
Hintergründe des eigentlichen Besuchs. Stück für Stück wird eine
Geschichte vom Sommer 1958 erzählt, die einem das Herz zerreißt. Meine
Erwartungen wurden vollkommen übertroffen, da ich nie mit so einem Buch
gerechnet hätte. Ich kann es immer noch nicht fassen, wie traurig und
real diese Geschichte ist. Vor allem finde ich es aber sehr
erschreckend, wie treffend diese Geschichte eigentlich immer noch ist.
Denn unsere heutige Gesellschaft ist leider kein Deut besser als die
Oberschicht von 1958.
Der rote Faden des Buches war definitiv
die Liebe. Ich kann nicht sagen, ob es die von Georgia oder die von Amy
war. Es war einfach alle beide. Sie beiden habe eine Person geliebt und
sie schmerzhaft verloren. Amys Drama spielte für mich dabei nur eine
Nebenrolle. Es war Georgias Geschichte, die mich gefangen nahm. Sie tut
es jetzt immer noch, nachdem ich das Buch schon seit drei Stunden wieder
im Schrank stehen habe. Ich finde es nur so schrecklich traurig.
Hilflosigkeit, Angst, Schock, Trauer. Jede Menge negative Gefühle, die
mich inzwischen so unendlich traurig machen. So etwas hat keiner
verdient. Ich weiß nur einfach nicht, was man dagegen machen kann?! =(
»Es war in der Tat ein Sommer, den ich nie vergessen werden«, sagte sie leise.
Die
Spannung baute sich für mich erst ab Georgias Geschichte auf. Ihre
Beschreibungen waren so komplett anders, als man es vielleicht gewohnt
ist. Und ihre Geschichte berührte mich einfach zutiefst. Schon am Anfang
bereitet sie den Leser auf etwas Unglaubliches vor. Es ist erstaunlich,
wie viel die richtigen Worte bewirken können. Man will wissen, warum
sie diesen Sommer nicht vergessen hat und zum Glück wird man gleich auf
der nächsten Seite erlöst, denn die Erlebnisse beginnen. Als es dann
wieder zurück in das Jahr 2012 geht, war ich fast ein bisschen
enttäuscht, denn Amys Geschichte interessiert mich nur halb so sehr wie
die von Georgia. Allerdings muss ich sagen, dass Amy eine gute Person
war, die Georgia auch dabei geholfen hat, mit der Vergangenheit
klarzukommen. Die ganze Zeit war sie nachvollziehbar, auch wenn sie mich
am Anfang nicht so ganz mitreißen konnte.
Allgemein hatte ich
so einige Probleme mit der Geschichte, aber ich glaube, dass das Ende
eines wieder wettgemacht hat. Damit kann man nicht rechnen. Und dann das
Auto zum Schluss. … Da war es wirklich um mich geschehen und die Tränen
fingen an zu laufen und wollten einfach nicht mehr aufhören.
Schon
vorher bekam ich eine riesige Angst vor dem Ende, denn ich hatte das
Gefühl, es würde eine Explosion werden. Die kam zwar nicht, aber ein
Desaster entstand trotzdem. Es ließ mich schockiert zurück und wird mich
definitiv noch einige Zeit lang beschäftigen.
Ihr
früherer Arbeitsplatz war nur einen Steinwurf entfernt, und in den
hiesigen Restaurants - Rules, Christopher’s, Joe Allen – hatte sie viele
schöne Stunden verbracht, Geschäfte gemacht, sich mit Freunden auf
einen Drink getroffen.
Das Erste, was mir am
Schreibstil aufgefallen ist, ist die Art, wie Tasmina Perry Dinge
beschreibt. Sie macht kleine Aufzählungen aus jedem Satz und vermittelt
so wunderbar den Eindruck, dass diese Dinge alle gleichzeitig passieren.
Sie schafft es, in ernste Situationen noch ein bisschen Humor
reinzubringen, bei traurigen Dingen, diese Schiene auch wirklich bis zum
Ende durchzuziehen. Spätestens ab der Hälfte machte ich mir wahrhafte
Gedanken um den Ausgang der Geschichte. Was würde so Schreckliches
passieren? Gab es ein Happy End? Was passiert mit allen
Nebencharakteren? Warum ist Georgia nicht mit Edward zusammen? Was wird
aus Amys Karriere als Tänzerin? Es waren so viele Fragen, die ich noch
beantwortet haben wollte. Ich bekam sie auch beantwortet, allerdings
anders, als ich es gern hätte. Doch dabei wirken die Antworten auch
nicht einfach nur hingeklatscht. Sie sind überzeugend. Und ich finde das
erstaunlich. Es ist nicht leicht, eine traurige Stelle zu schreiben,
aber so eine lange traurige Passage? Wie schwer das gewesen sein muss,
kann ich mir nur vorstellen. Ich habe höchsten Respekt vor der Autorin,
dass sie das so hinbekommen hat.
Was ich noch sagen muss: Ich
habe mir ein paar Rezensionen auf Amazon angeguckt. Tatsächlich gab es
einige Leute, die besonders am Schreibstil viel zu meckern hatten. Eine
Sache ist mir dabei besonders in Erinnerung geblieben. Es ist einmal die
Rede von Herzensgüte, die eine wahre Dame ausmacht. Kritisiert wurde
die Tatsache, dass es davor und danach eigentlich nur darum geht, wie
sich eine wahre Dame zu benehmen hat. Der Zusammenhang befindet sich für
mich in dem Wäre-gern und Ist-so. Eine wahre Dame sollte Herzensgüte
haben und nicht nur ordentliche Manieren. Doch leider werden wir alle
nun aufgrund unserer Manieren, unseres Äußerlichen, unserem Auftreten
beurteilt. Der wahrer Charakter interessiert nur zu selten.
»Es
sollte nicht Saison, sondern Brunftzeit heißen«, murmelte sie
aufgebracht vor sich hin, als sie ein weiteres Schlafzimmer besetzt
vorfand. »So paarungsbereit, wie hier alle sind.«
Die
junge Georgia hat mir von allen Charakteren wohl am besten gefallen. Sie
ist rebellisch und setzt gern ihren eigenen Kopf durch. Sie träumt von
einer besseren Welt. Und definitiv nicht von der Ballsaison. Hinzu
kommen dann noch die erschwerenden Bedingungen, denn anscheinend geht
während dieser Saison alles schief, was nur schiefgehen kann, sodass
Georgia gezwungen wird, wirklich aktiv daran teilzunehmen. Was ihr
natürlich gar nicht passt. Trotzdem schafft sie es, einen jungen Mann
von sich zu überzeugen. Jedoch muss sie auch lernen, dass es immer Leute
gibt, die einem ihr Glück nicht gönnen. Natürlich haben die Ereignisse
von 1958 sich auch auf die ältere Georgia ausgewirkt. Wie sehr, erfährt
man aber erst später. Es ist hier schwer für mich, das alles zu
schreiben ohne zu viel zu verraten. Die Geschichte ist einfach nur
traurig und ich würde sehr gern darüber reden, aber ich kann es nicht,
um euch nicht den Spaß an dem Buch zu verderben. Trotzdem kann ich
zumindest sagen, dass Georgia eine sehr interessante Person ist, die
sich im Laufe ihres Lebens alles hart erarbeiten musste. Sie ist ein
Ansporn für uns alle, es ihr nachzumachen und hart für unseren Traum zu
kämpfen. Selbst dann, wenn alles verloren scheint.
Amy finde ich
persönlich nicht ganz so toll wie Georgia, aber sie hat trotzdem das
gewisse Etwas, was sie zu einer netten und freundlichen Person macht,
die man doch irgendwie gern hat. Sie verändert sich während des Buches
sehr. Vielleicht ein bisschen zu sehr für die kurze Zeit? Ich weiß es
nicht, aber es ist spannend, wie sie in Georgias Gegenwart auch sich
selbst besser kennenlernt. Die ältere Dame inspiriert sie, mehr aus
ihren Leben zu machen. Allerdings habe ich mir manchmal die Frage
gestellt, wie doof man sich eigentlich anstellen kann. Ich bewundere
ihre Hartnäckigkeit gegenüber Georgia, aber man hätte das Ganze auch
eleganter anstellen können. Und dann die Sache mit Daniel … Ach, und
nicht zu vergessen ganz plötzlich Will. Oder Chris … Ihr Männerchaos
möchte ich mir echt nicht gern antun.
Diese beiden Charaktere
waren wohl die wichtigsten. Natürlich gab es noch viele, viele mehr,
aber dann würde der gesamte Text hier zu lang werden. Ich kann auf jeden
Fall sagen, dass alle Charaktere ihrer Rolle sehr gut entsprechen und
sie die Geschichte gut unterstützen. Sie sind absolut glaubwürdig.
Das war das letzte Mal, dass sie ihn sah.
Das
Cover verriet eigentlich nicht viel über die Story selbst. Es ist eine
Liebesgeschichte. Toll, das konnte ich mir schon denken. Und dass es
sich auch mit um New York dreht, sagt ja schon der Titel. Was dann aber
wirklich kam, war so anders.
Und dann dieser eine Satz. Ich
möchte euch warnen, dass ich vielleicht mit den nächsten Worten zu viel
verrate. Aber dieser eine Satz hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Ich
hatte schon Befürchtungen und war durch die wenigen Seiten zuvor noch
schockiert, aber als ich das dann las, war es vorbei mit der Ruhe. Aus
einer einfachen Lüge kann etwas so viel Schlimmeres werden. Wir sind
neidisch und machen ein anderes Leben kaputt. Für immer! Denn Narben des
Ereignisses werden auf ewig bestehen bleiben. Dafür sorgt unser
Gedächtnis in einsamen Momenten. Wollen wir wirklich diese Schuld auf
uns laden, so viel Schaden anzurichten? Ich weiß, es klingt dramatisch
so wie es jetzt dasteht, aber es ist die Wahrheit. Es muss nicht immer
passieren, aber es kann passieren und dieses Risiko möchte ich in
Zukunft nicht mehr eingehen.
„Drei
Tage Manhattan – Begleitung gesucht“ ist ein Buch, das so viel mehr zu
bieten hat, als man auf den ersten Moment sieht. Es ist eine unendlich
traurige Geschichte, die mir als Person bewusst man, welche Folgen eine
Aktion haben kann. Wer bereit ist, sich auf das Leben 1958 einzulassen,
für den ist dieses Buch perfekt. Den Sinn hinter der Geschichte zu
suchen ist nicht das Wichtigste. Lasst euch nur bezaubern von einer
Weihnachtsgeschichte, die sich deutlich von anderen abhebt. =)
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